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Statement von Silvan Brun zum jüngsten Olivenöltest von ÖKO-Test

Aktualisiert: 28. Apr. 2022



Mineralöl im Kopf? Das hatte ich bereits im Frühjahr 2019 aus gleichem Anlass gefragt. Wieder prüft ÖKO-Test Olivenöle und straft diese nicht etwa deswegen ab, weil sie stinken, sondern, weil in ihnen Spuren von Mineralölen gefunden wurden.

MOSH (Gesättigte Mineralöl-Kohlenwasserstoffe) und MOAH (Aromatische Mineralöl-Kohlenwasserstoffe) sind zwei in Mineralöl vorkommende unterschiedliche Gruppen von chemischen Verbindungen. Ihr Auftreten in Lebensmitteln ist grundsätzlich unerwünscht, jedoch nicht komplett vermeidbar. Eine Untergruppe von MOSH beispielsweise, sogenannte mikrokristalline Paraffine, ist unter der Bezeichnung „mikrokristallines Wachs“ (E 905) gar als Zusatzstoff für Lebensmittel zugelassen. Es dient als Überzugsmittel und kann zudem zur Oberflächenbehandlung von Obstsorten wie Melone, Papaya, Mango und Avocado eingesetzt werden. Zu den Eintragswegen von MOSH und MOAH als Kontaminanten in Olivenölen gelten Faktoren wie mechanische Maschinenöle (z.B. beim Baumschnitt mit Kettensägen während der Ernte; bei mechanischen Baumrüttlern während der Ernte; auf dem Olivenförderband bei der Olivenölproduktion), Transportverpackungen (z. B. Jute- oder Sisalsäcke für den Oliventransport zur Mühle), Umwelteinflüsse und Pestizidanwendungen. Zu letzteren beiden Faktoren gilt zu sagen, dass einerseits etwa reines Paraffinöl von der Europäischen Union als Pflanzenschutzmittel im ökologischen Landbau zugelassen ist und beispielsweise bei der Mandelproduktion eingesetzt wird und andererseits die chemischen Verbindungen MOSH und MOAH in der heutigen Umwelt überall (ubiquitär) vorkommen, etwa durch Abgase oder Kreuzkontaminationen, um nur zwei Faktoren zu nennen.


Welche Auswirkungen MOSH und MOAH auf die menschliche Gesundheit haben, ist nicht abschliessend geklärt. So weiss man heute, dass bestimmte Formen von MOSH vom Körper aufgenommen und auch in einigen Organen nachgewiesen werden können. Das BfR (Bundesamt für Risikobewertung) schreibt dazu, dass aus tierexperimentellen Studien bekannt sei, dass Mineralölgemische, die solche Verbindungen enthielten, zu Ablagerungen und entzündlichen Effekten in der Leber in einem bestimmten Rattenstamm führen können. Die Relevanz dieses Befundes für den Menschen sei jedoch noch nicht geklärt, so das BfR weiter. Zu MOAH schreibt das BfR, eine gesundheitliche Bewertung sei aufgrund der unzureichenden Datenlage nicht möglich. Bei MOAH geht man zurzeit davon aus, dass einige Substanzen krebserregend sein können. Aber das können die verdammten Weisswürste ja auch. Und selbst Brokkoli kann zu Krebs führen. Man spricht dabei aber immer nur von der Möglichkeitsform. Und vergessen Sie nicht, dass etwas zu viel Muskatnuss im Kartoffelstampf oder wassergestresste Zucchini um ein Vielfaches gefährlicher sind als ein mit wenig Mineralöl belastetes Olivenöl. Und wohlgemerkt habe ich hier den Indikativ verwendet, da dieser Vergleich der Tatsache entspricht.


Und denken Sie erst an die gesüssten Frühstücksflocken, welche die Kinder unbewusster Väter und Mütter quasi-täglich verzehren. Hier akkumuliert sich die Einnahme von Glyphosat- und anderer Pestizidrückständen wie jene von Pyrethroiden - und das bei keinerlei nennenswerten gesundheitsfördernden Eigenschaften der Frühstücksflocken selbst. Gewissenhaft erzeugtes Olivenöl kann hier immerhin dagegenhalten, dass es viele sekundäre entzündungshemmende Pflanzenstoffe beinhaltet und ein optimales Fettsäureprofil liefert. Insgesamt ist gutes Olivenöl - mit oder ohne Spuren von MOSH / MOAH - der Gesundheit zuträglich. Gleichwohl muss es das Ziel der Erzeuger sein, die Eintragswege von Mineralölrückständen gut zu kennen und diese, so gut es geht, auszumerzen.


Aufgrund ihrer chemischen Ähnlichkeit zu natürlich vorkommenden Kohlenwasserstoffen ist die

Analytik von MOSH und MOAH übrigens gerade in Olivenölen sehr anspruchsvoll. Die bisher zugelassenen Testmethoden sind bislang den Beweis schuldig geblieben, dass sie verlässliche Resultate liefern können. Das gilt auch für den aktuellen Olivenöltest von Stiftung ÖKO-Test. Die Messunsicherheiten sind nämlich erheblich!


Wer jetzt darüber unsicher ist, wie gut sein zu Hause lagerndes Olivenöl tatsächlich ist und gar mit dem Kauf einer anderen Ölsorte liebäugelt, dem sei gesagt, dass ÖKO-Test in seiner November-Ausgabe 2020 bei Rapsölen ebenfalls Mineralölrückstände gefunden hatte. Damals titelte ÖKO-Test: "Rapsöl-Test: Die meisten Öle sind mit Mineralöl verunreinigt." Und nicht nur das. Rapskulturen werden in den allermeisten Fällen stark mit Pestiziden behandelt - hierzu ist der SRF-«DOK» "Der Pestizid-Poker" sehenswert.


Spannend wäre alleweil gewesen, hätte ÖKO-Test die Olivenöle von einem seriös arbeitenden und fähigen Panel untersuchen lassen. Das tat ÖKO-Test, wie die Resultate der sensorischen Analyse offenbaren, allerdings nicht.

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